Warendorf Ob Lehrpläne, Ausstattung der Schulen oder Inklusion – unser Bildungssystem hat eine Vielzahl von Baustellen. Die neue Landesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Probleme anzugehen. „Schule muss wieder ein Ort werden, an dem alle Kinder gut auf das Leben vorbereitet werden“ – mit diesen Worten zog die ehemalige Grundschullehrerin Kirstin Korte MdL als Vorsitzende des Ausschusses für Schule und Bildung in den Landtag ein. Um über ihre Pläne und die noch anstehenden Herausforderungen zu diskutieren, haben die Junge Union und die Ortsunion Warendorf sie am Montag, den 17. September, zu einer öffentlichen Diskussionsrunde eingeladen. Die Moderation und Organisation des Abends übernahmen Adrian Grimpe, Vorsitzender der JU Warendorf, und Niklas Nährig, stellvertretender Vorsitzender.
Das Thema der Diskussion: Bildung. „Eine Thematik, die im öffentlichen Diskurs viel zu wenig angesprochen wird. Häufig geht es um Flüchtlinge, um Rente, um die Pflege – aber die Bildungsfrage kommt oft zu kurz,“ so Nährig – und das, obwohl Bildung eines der entscheidenden Zukunftsthemen neben der Digitalisierung sei. Wie wichtig dieses Thema für die Bevölkerung ist, sah man an der Vielzahl von Gästen: Schüler, Studenten, Lehrer, Schulleiter und Politiker kamen miteinander im Hotel Emshof ins Gespräch.
An Herausforderungen gebe es nicht wenige, so Korte in ihrer Einführungsrede. Eine der Aufgaben, denen sich die Landesregierung gegenübersehe, sei die Inklusion. Die Entscheidung der Vorgängerregierung, Förderschulen abzubauen, kritisiert Korte scharf. „Die Politik der rot-grünen Landesregierung war von Ideologie geleitet und ging an der Realität vorbei“. Eine weitere Herausforderung sei der Fachkräftemangel bei Lehrern, allen voran in Grundschulen, stellte die Ausschussvorsitzende fest. Als zentralen Grund für den Lehrermangel in Grundschulen führt sie die Besoldung an: „Grundschullehrer werden nach wie vor mit A12 besoldet. Lehrer an weiterführenden Schulen hingegen mit A13.“ Gleichzeitig gibt sie zu bedenken, dass sich Mehrkosten von rund einer Milliarde Euro ergäben, wenn alle Grundschullehrer mit A13 besoldet würden.
Im zweiten Teil des Abends hatten die Gäste Gelegenheit, ihre eigene Meinung zu äußern und der Politikerin ihre Fragen entgegenzubringen. Anna Gericke, Vorsitzende des RCDS Münster, berichtete aus ihrem Studentenalltag und stellte fest: „Viele, die heutzutage ein Studium aufnehmen, haben zwar viel Ehrgeiz, aber nur eine geringe Frustrationstoleranz. Der ‚Notenverfall‘ führt dazu, dass viele nach dem Abitur ein Studium aufnehmen und es nach einigen Semestern erfolglos wieder abbrechen.“ Eine Lösung für dieses Problem wäre eine Verschärfung der Aufnahmekriterien für ein Studium.
Henning Rehbaum, Landtagsabgeordneter für den Kreis Warendorf, verwies auf die mangelnde Wertschätzung für das Handwerk. „Wir müssen uns von dem Glauben entfernen, dass es einem Land nur dann gut geht, wenn es viele Akademiker gibt. Wir brauchen ebenso viele Auszubildende wie Studierende. Was früher der Master war, ist heute der Meister“ Diese Entwicklung werde gerade durch die ‚Inflation‘ des Abiturs begünstigt, wie auch Ursula Kindler, Vorsitzende des CDU Stadtverbands, beobachtet: „Während früher nur einige wenige Schüler zum Abschluss eine Eins vor dem Komma hatten, hat diese Zahl heute drastisch zugenommen. Das Abitur wird entwertet“
Ein weiteres zentrales Problem, so der JU-Vorsitzende Adrian Grimpe, seien die steigenden Abbrecherquoten sowohl im Studium (21 Prozent) als auch in der Ausbildung (25 Prozent): „Viele Hochschulen stellen fest, dass die Studierenden den Anforderungen des Studiengangs intellektuell nicht mehr gewachsen sind“. Schwächen zeigten sich in Rechtschreibung und Orthografie, beim logischen Analysieren von Texten und sogar bei Sozialkompetenzen. „Manche Studienanfänger müssen Vorkurse und Nachschulungen besuchen, um ihre mangelnden Kenntnisse im Bereich der Mathematik und anderen Naturwissenschaften nachzubessern.“
Auch Korte stellt dieses Problem fest. „Das ist eine Entwicklung, deren Ursachen wir nach wie vor ermitteln müssen.“ Eine Ursache sei jedoch das Leitbild des kompetenzorientierten Unterrichts. Den Schülern würden heutzutage nicht mehr nur Fachwissen, sondern vor allem Kompetenzen vermittelt. „Häufig kommen die entscheidenden Inhalte zu kurz“.
Aufgrund des großen Interesses an der Thematik denkt die JU über eine Fortsetzung der Diskussion im kommenden Jahr nach. Zunächst aber steht am 8. November eine weitere Veranstaltung der Ortsunion Warendorf an, in der es um das andere entscheidende Zukunftsthema geht: die Digitalisierung.